Die gute Seele des 1. Mai

Ein Portrait von Rolf Hasler, Präsident des 1.-Mai-Komitees Solothurn

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Rolf Hasler lacht. «Wie lange ich schon Präsident des Solothurner 1.-Mai-Komitees bin? Eine gute Frage.» – «Sicher weiss ich nur, dass ich seit 40 Jahren keinen 1. Mai in Solothurn verpasst habe. Nur einmal wegen des Militärs und einmal, als wir durch Deutschland tourten», sagt der passionierte Musiker, Gewerkschafter und Aktivist (Präsident VPOD und Vizepräsident Gewerkschaftsbund). Der gelernte Buchdrucker lebt seit drei Jahren mit seiner Lebenspartnerin in der Stadt Solothurn, arbeitet als Pfleger und ist, obwohl aus einem freisinnigem Elternhaus stammend, seit seiner Jugend Sozialist. In Biberist war er sehr aktiv in der SP, im Parteivorstand und auch in diversen Kommissionen. «Willi Brandt und Bruno Kreisky waren grosse Vorbilder. Beide waren Brückenbauer zwischen Ost und West beziehungsweise Israel und den arabischen Staaten. Das hat mich damals sehr beeindruckt. Mit dem ersten Stiftenlohn von etwa 200 Franken im Monat habe ich die Solothurner AZ abonniert.»

«Der 1. Mai soll auch ein Fest sein. Ein Familientreffen mit Verwandten und Wahlverwandten. Früher hatte man sich als linker Politiker am Umzug zu zeigen. Sehen und gesehen werden, war wichtig. Und es war vielleicht auch ein wenig angestrengt. Das ist heute nur noch vor den Wahlen so… Natürlich gab es Veränderungen. Vor etwa 15 Jahren fehlte uns der Nachwuchs. Ich bin froh, dass jetzt auch wieder die Jugend im Komitee und am Tag der Arbeit selbst mittut. Sehr, sehr wichtig ist mir aber seit jeher die Zusammenarbeit mit den Migrantinnen und Migranten. In einer Schweiz, die sich immer mehr vor der Welt verschliessen will, müssen wir zusammenhalten. Unser Land betreibt eine Art der Apartheid. Grosse Teile der Werktätigen sind von der politischen Mitbestimmung ausgeschlossen!»

«Ich kann mit dem Vorwurf, an den Umzug kämen nur noch Ausländer, nichts anfangen. Was man dazu aber sagen muss: Die SP ist leider nicht mehr sehr präsent am 1. Mai. Die SP ist eine bürgerliche Partei geworden und steht in vielen Belangen nicht mehr ein für eine linke Politik.».

«Wenn ich zurückblicke, kann ich nicht sagen, welches das schönste 1.-Mai-Fest war. Die Redner müssen nicht unbedingt prominent sein. Oft haben Leute, die im Lokalen verankert sind, ebenso viel zu sagen.» – «Absoluter Tiefpunkt war sicher die «Fascho-Demo» vor einigen Jahren. Da haben wir Blut geschwitzt.» – «Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist in der Vorbereitung entspannter geworden. Man kennt sich mittlerweile und ist per Du. An der Demo wären mir aber eine diskretere Begleitung sicher lieber. Früher regelten zwei Uniformierte den Verkehr. Heute ist man in Vollmontur in Alarmbereitschaft. Und dennoch ist der 1. Mai mit ganz kleinen Ausnahmen ein friedliches Fest. Das Märetfest könnte sich da eine grosse Scheibe abschneiden.»

Für die Zukunft wünschte sich Rolf Hasler mehr Kultur, auch im Umfeld. «Und wir müssen nicht an allen Ritualen festhalten. Aber wie könnten wir etwa die Demo auf einen anderen Zeitpunkt setzen? Es würden doch wieder alle um 15.00 Uhr beim Gewerbeschulhaus sein…» – «Mein Herzenswunsch wäre aber sicher eine Umzugsmusik, die voranschreitet. Das könnte viel zur Belebung des 1. Mai beitragen. Und auch die Zaungäste würden uns vielleicht als das sehen, was wir doch sind: Ein ganz wichtiges Fest in der Stadt Solothurn.»

Erschienen 2014 in der Mai-Nummer der Stadtsolothurner SP-Parteizeitung «transparent».

Felix Epper
Felix Epper, lebt und schreibt in Solothurn.