Preis für Literatur 2019

Medienmitteilung der Staatskanzlei des Kantons Solothurn

PREIS FÜR LITERATUR

Felix Epper, Autor
geboren am 20. Juni 1967 in St. Gallen
Bürger von Hohentannen (TG) , wohnhaft in Solothurn

Felix Epper, 1967 in St. Gallen geboren und heute in Solothurn wohnhaft, ist mit seinen Texten seit vielen Jahren ein fester Bestandteil des regionalen Literaturschaffens. Der Autor (…)  vermischt realistische Begebenheiten mit fiktionalen sowie auch mit surrealistischen Stilelementen. Auf seiner Website «Felix Epper schreibt» oder als E-Book veröffentlicht er Prosa und Poesie, in Magazinen und Zeitschriften erscheinen seine kurzen Geschichten. Felix Epper erhielt 2004 einen Werkjahrbeitrag des Kantons Solothurn und war 2015 «Writer in Residence» in der Villa Ruffieux in Sierre.

 

Die öffentliche Übergabefeier findet am Montag, 11. November 2019, um 18.30 Uhr, im Stadttheater Olten statt.

 

 

 

Eine Langeweile

“Do you think that one could treat his paintings like novels?”
Virginia Woolf über Walter Richard Sickert

Kunstausstellungen überforderten Damian, machten ihn immer schwindelig. Er wurde wortkarg, unleidig, gar aggressiv. Am besten war es, sie allein zu besuchen. Auch mit Kino und Theater verhielt es sich so. Nichts war schlimmer als Smalltalk unter Strassenlampen. «Wir erwachen aus unseren ureigenen Träumen», hatte Damian einmal gesagt. «Wie könnten wir denn wirklich darüber reden.» Damian war aber heute nicht allein. Er sagte, er habe sich lange gefragt, warum ihn dieses eine Gemälde in der Tate Modern noch immer so sehr beschäftige. «Erstaunlich, dass es uns überhaupt aufgefallen ist», meinte Esther. Diese dichte Hängung der Bilder war nicht nur eine Überforderung des Kunstfreundes. Es sei nachgerade eine Beleidigung jedes dieser einzelnen Genies. Van Gogh, Rothko und eben auch Sickert. Damian schwieg und sie verstanden sich. Beide hatten sie die Geduld aufgebracht still vor dem Gemälde, das die Epoche vor dem Ersten Weltkrieg nicht zuletzt im Titel so unglaublich treffend darstellte: L’Ennui. Die Langeweile.

Ennui c.1914 Walter Richard Sickert [Link zur Tate Modern inkl. grösserer Abbildung des Kunstwerks]

«Ibsens Gespenster spuken hier», referierte Esther. «Und Virginia Woolf…» — «Sei still.» Hier war sie wieder. Die Ermattung. Damian blinzelte in die Sonne. Er hatte nicht an Woolf gedacht. Er kümmerte sich nicht um Esthers Seminare in vergleichender Literaturwissenschaft. Sagte er jetzt Julien Green, würde sie ihn auslachen. Er würde wieder verloren haben. Sein ahistorisches freies Assoziieren. Er versuchte bei seiner Erinnerung zu bleiben. Er würde zu Esther sagen: Der Leser von Greens Romanen will immer wieder die Fenster aufreissen, lüften, Durchzug erzeugen. Green wurde kurz vor dem Tod von der Neuen Zürcher Zeitung in dessen Pariser Wohnung besucht. Man druckte damals nur die Anzeigen farbig. Die grob gerasterten Bilder waren schwarz-weiss. Doch Damian wusste: Die Vorhänge mussten dunkelrot sein, blutrot wie die samtene Ummantelung eines Sarges. Green lebte fast ein Jahrhundert lang. Ich habe ihn 1988 entdeckt. Heute kennen ihn nicht einmal mehr die Schwulen. Geschweige denn konvertierte Katholiken.

«Wenn du nicht lesend durch Balzac, Maupassant und Proust spaziert bist, kannst du Green nicht wirklich verstehen. Ich meine. Das ist nur meine bescheidene Meinung. Jetzt bleib doch stehen! Wir sprechen miteinander! Du! Die Asche sei kalt, schreibt Virgina Woolf. Wie kann sie das um Himmels Willen so genau wissen?»

Damian wischte sich den Schweiss von der Stirn. Endlich allein. Er hatte London satt. So wartete er am Bahnhof Montparnasse in Paris auf den Zug. Und schrieb:

Perrots Zigarre

Wann hatte Monsieur Perrot das fliehende Kinn des Dienstmädchens zu hassen begonnen? War es unlängst zu Weihnachten in dieser Stube gewesen oder einmal zu Ostern im letzten Jahrtausend? Gedanken schwirrten in der sommerlich dumpfen Stubenluft wie lästige Fliegen. Vergeblich blies Perrot, diese Stattlichkeit vor dem Herrgott, Rauchringe gegen den bleiernen Überdruss. Zu allem Unglück waren die Zigarren seit Jahrzehnten von der billigen Sorte. Teppiche, Vorhänge, Spitzendeckchen und auch die papierenen Blumen stanken muffig, abgestanden. Auch Schösschen und Häubchen der Clémentine. Einer dieser Sonntage und Madame war noch nicht vom Kirchgang zurück. Clémentine gehörte zum Inventar wie das kleine Grabhügel-Imitat des Brüderchens William auf der Kommode (gestorben im zarten Alter von 11 Jahren). Manchmal zerdrückte die gute Seele ein Tränchen im Augenwinkel. Wahrlich, es gibt bessere Orte als diese Stube voller Gobelins, Deckchen, Aschenbecher Nippes und Ennui. Monsieurs Hand streifte wie eine Zufälligkeit über die Schlaufe der Schürze am Rücken des leider schon ältlichen und fliehenden Mädchens. Ein Seufzer, und der Rock hob sich wie von selbst. Danach zündete Perrot die erkaltete Zigarre mit einem weiteren Streichholz wieder an. Die 3 cm lange Aschenschlange zerstäubte er, als Madame in die Stube eintrat. Wie immer entbrannte dann der Streit, ob zu lüften sei oder nicht. Madame Perrot nahm einen Hauch von Parfum wahr. „Keine Herrenbesuche, Clémentine“, lachte sie und legte das Kirchengesangsbuch auf den Stubentisch. Das Lesezeichen stak noch wie ein Messer auf Seite 315: „Kündet den Verzagten: Seid stark.“ — Pfarrer Colbert habe schön dazu gepredigt, würde Madame jetzt sagen und eine Orange schälen. Spitzige Finger, ein wenig „vergichtet“.  Auch ein schon tausend Mal gehörtes Wort. Sie genoss die einschiessende Säure in die kleine Wunde am Ringfinger. „Clémentine!“, rief sie. „Wie steht es um die Suppe?“

Felix Epper, 2019
Erschienen im Solothurner Kulturmagazin Sorock Nr. 6/2019

Vorstadtgeschichten goes Downtown

Vorstadtgeschichten – Die Solothurner Lesebühne

Am Donnerstag, 25. April 2019 — ab 20.30 Uhr

Die erste Ausgabe der Solothurner Lesebühne in neuer Lokalität, von der Vorstadt in die Altstadt. Das Ambiente des wunderschönen Gewölbekellers des Stadt Keller wird den Geschichten eine spannende Atmosphäre bieten.

Die, wie Gastgeber Daniel Glutz mitteilt, «bezaubernden Autoren» werden sein:
Vera Probst — Nora Althaus — Livia Nützi — Felix Epper

Wort und Klang

Lesung und Musik im «Lusthäuschen Solothurn» mit Felix Epper und Jacques Spälti / Freitag, 22. Februar 2019

Wie immer lädt der Quartierverein Weststadt am letzten Freitag des Monats zu  einem kleinen, feinen kulturellen Anlass. Am 22. Februar 2019 ab 19.00 Uhr liest der in der Weststadt wohnhafte Solothurner Autor Felix Epper seine kurze Prosa mit langem lyrischem Atem. «Konzentriert auf wenige Seiten, eröffnen diese Geschichten schnell ganze Welten. Karg erzählt und voller Atmosphäre.» schrieb dazu die Berner Zeitung. Epper Texte wurde denn auch mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet. 2015 war der Autor Artist in Residence im Chateau Mercier in Sierre.
Neu ist die Zusammenarbeit Felix Eppers mit dem Musiker Jacques Spälti. Im Lusthüsli können die Zuhörer einer Premiere beiwohnen. Spälti, von Haus aus Schlagzeuger – er spielt u.a. in der der Late-Nite-Show «11 nach 9» –, nimmt die Drums aus Platzgründen allerdings nicht mit. Er wird vor, nach und zu den Texten jazzig an den Keyboards improvisieren.
Neben der Darbietung gibt’s wie immer ein feines Essen vom Feuer.
Reservation per e-Mail
Achtung: Die Anzahl Plätze ist beschränkt Anmeldungen werden nach Eingang berücksichtigt. Kosten: Konzert und Essen 30.–

Adresse: Lusthäuschen • Brühlgrabenstrasse 7 • Solothurn

 

Traum #1 bis #7

A Memorabilia of H.P.Blavatsky. – by James Morgan Pryse, printed 1935 in the The Canadian Theosophist-
In jeder Nummer des Solothurner Kulturmagazins «SoRock» schreibe ich eine kurze Geschichte unter der Rubrik «Spot on». Im Januar 2019 träumt es. Der Spot ist also leicht gedimmt. Es wird dennoch ab und zu aufgewacht. Viel Freude bei der Lektüre wünscht der Autor.
Traum #1 bis #7

Hildegard darf in Windlach bleiben

Hildegard wartet auf ihren Bräutigam. Objekt von Margaretha Dubach
Es ist eine wunderliche Welt, die von den Räumen in Windlach Besitz ergriffen hat. In ihrer Galerie bietet Alice Metzler der Künstlerin Margaretha Dubach die Chance, ihre Objekte dauerhaft zu zeigen.

Von Andrea Söldi. Erschienen im Zürcher Unterländer am 7. November 2018.

Margaretha-Dubach: Hildegard darf in Windlach bleiben (pdf)

Galerie Alice Metzler

«Die Solothurner Lesebühne» am Donnerstag, 27. September 2018

Da wo alte Hasen und junges Gemüse aufeinander treffen. Da wo poetisches, satirisches und lyrisches Hand in Hand gehen, da sind die Vorstadtgeschichten.

Geniessen Sie ein Glas Wein, und lassen Sie sich dabei von Gedichten und Geschichten Solothurner Autorinnen und Autoren in eine Welt voller schöner Worte, irrsinniger Wendungen und herzzerreissender Schicksale entführen.

Am 27. September 2018,  20.30 Uhr, lesen folgende Autorinnen und Autoren:

Regula Portillo, Felix Epper, Xenia Gunzinger, Daniel Glutz

Ich freue mich!

T-Room
Patriotenweg 1, 4500 Solothurn